Verbrauchsausweis vs. Bedarfsausweis — Unterschied, Pflicht, Kosten & Praxis
- Ben Fischer
- 7. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Kurzüberblick
Es gibt zwei Arten von Energieausweisen für Wohngebäude: den Verbrauchsausweis (auf
Basis gemessener Verbräuche) und den Bedarfsausweis (auf Basis einer rechnerischen Gebäudebewertung). Welche Variante zulässig oder sinnvoll ist, hängt von Baujahr, Gebäudeart, der Anzahl der Wohneinheiten und dem Zweck ab.
Verbrauchsausweis vs. Bedarfsausweis
Verbrauchsausweis
Der Verbrauchsausweis basiert auf den tatsächlichen Energieverbräuchen des Gebäudes (meist: die letzten 3 Abrechnungsjahre). Er ist datengetrieben und zeigt, wie viel Energie in der Vergangenheit verbraucht wurde.
Bedarfsausweis
Der Bedarfsausweis wird rechnerisch aus den baulichen Eigenschaften und der Anlagentechnik des Gebäudes ermittelt (geometrische Daten, U-Werte, Anlagentypen). Er beschreibt den theoretischen Energiebedarf unabhängig vom individuellen Nutzerverhalten.
Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
Basis: Verbrauch = gemessene Verbräuche; Bedarf = rechnerische Simulation.
Aussagekraft: Bedarfsausweis ist in der Regel aussagekräftiger für Sanierungsplanung; Verbrauchsausweis spiegelt das Nutzerverhalten wider.
Datenbedarf: Verbrauchsausweis braucht mind. 3 zusammenhängende Abrechnungsjahre; der Bedarfsausweis braucht Bau- und Anlagendaten (Pläne, U-Werte, Heizungsdaten).
Gültigkeit: Beide Ausweistypen sind grundsätzlich 10 Jahre gültig (sofern keine wesentliche Änderung am Gebäude erfolgt).
Wann darf / muss welcher Ausweis verwendet werden?
Die Rechtsgrundlage bildet das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die einschlägigen Auslegungshinweise (z. B. dena-Leitfäden). Kurz zusammengefasst:
Wahlfreiheit: Für viele Bestandsgebäude besteht Wahlfreiheit — Eigentümer dürfen oft zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweis wählen.
Ausnahmen (kein Verbrauchsausweis möglich / Bedarf vorgeschrieben):
Bei Wohngebäuden mit bis zu 4 Wohneinheiten, deren Bauantrag vor dem 1.11.1977 gestellt wurde und die nicht energetisch auf mindestens den Stand der Wärmeschutzverordnung 1977 gebracht wurden, ist in der Regel ein Bedarfsausweis vorgeschrieben. (Hintergrund: sehr schlechter energetischer Ursprungszustand; Verbrauchswerte sind dann irreführend.)
Neubauten und umfangreich umgebaute Gebäude benötigen in der Regel einen Bedarfsausweis (weil hier die Planung/bauliche Situation den Bedarf bestimmt).
Für Nichtwohngebäude gelten eigene Regeln (Ausweis-Typen und Berechnung unterscheiden sich, z. B. Berücksichtigung von Lüftung, Beleuchtung, Klimatisierung).
Wichtig: Es gibt zahlreiche Sonderfälle (denkmalgeschützte Gebäude, Misch- bzw. gemischt genutzte Gebäude, fehlende Verbrauchsdaten). Im Zweifel prüft ein Fachmann vor Ort, welcher Ausweis rechtlich zulässig ist.
Wer darf den Ausweis ausstellen?
Bedarfsausweis: Muss in der Regel von fachkundigem Personal mit entsprechender Qualifikation (z. B. Architekt, Bauingenieur, geprüfter Energieberater) erstellt und unterschrieben werden. Für bestimmte geförderte Ausweise (z. B. iSFP-bezogene Dokumente) ist zusätzlich die Eintragung in die Energieeffizienz-Expertenliste (EEE) bzw. die Registrierung über die zuständige Stelle erforderlich
Verbrauchsausweis: Kann von Ausstellern erstellt werden, die die notwendigen Verbrauchsdaten liefern können; für einige Gebäudegruppen (je nach Qualifikation und Ausstellergruppe) gelten Beschränkungen. Die dena-Leitfäden erläutern ausführlich, welche Ausbildungs- bzw. Berufsgruppen Ausweis-Aussteller sein dürfen.
Registriernummer / Aussteller-ID: Jeder Energieausweis enthält eine Registriernummer (aus dem zentralen Ausstellerportal). Die Nummer wird bei der Ausstellung beantragt/zugewiesen — nur berechtigte Aussteller können diese Nummern beziehen.
Praxis: Wie läuft die Erstellung ab? (Schritt für Schritt)
Verbrauchsausweis
Sie liefern Uns Verbrauchsdaten (Heizkostenabrechnungen / Energieabrechnungen) für mind. 3 volle Abrechnungsjahre sowie Gebäudedaten (Fläche, Nutzung).
Daten werden in das Ausweis-Formular / die Software eingetragen.
Aussteller generiert den Ausweis, Registriernummer wird ergänzt und der PDF-Ausweis übergeben.
Bedarfsausweis (Kurzablauf)
Vor-Ort-Erfassung der Gebäudehülle (Wandaufbauten, Fenster, Dach, Keller, Wärmebrücke, etc.) und Anlagentechnik (Heizung, Warmwasser). Meist sind Pläne und Schnitte hilfreich.
Eingabe aller relevanten Parameter in zugelassene Software → rechnerische Ermittlung des spezifischen Jahres-Bedarfs.
Erstellung des Ausweises inkl. Registriernummer, Erklärungen, Empfehlungen.
Übergabe an den Auftraggeber.
Kosten — was kann man ungefähr erwarten?
Die Preise variieren regional und nach Dienstleister, Gebäudegröße und Aufwand. Als Richtwerte (Marktüblichkeitsangaben):
Verbrauchsausweis (Wohngebäude): typischerweise ab ~70 € bis ca. 200 € bei preiswerten Online-Anbietern; lokal tätige Dienstleister liegen häufig etwas höher.
Bedarfsausweis (Einfamilienhaus): häufig ca. 300–600 € netto (je nach Aufwand, Anfahrt, Gebäudekomplexität).
Bedarfsausweis (Mehrfamilienhaus): je nach Größe/Komplexität ca. 500–1.200 € (oder mehr bei großen, komplexen Objekten).
Hinweis: Manche Anbieter berechnen Extra-Kosten, wenn Pläne nicht vorhanden sind oder zusätzliche Vor-Ort-Aufnahmen nötig sind. Preise für Förderuntersuchungen (iSFP etc.) sind separat und werden gefördert (auch dafür gelten andere Förderregeln).
Was ist für Eigentümer wichtig: Entscheidungshilfe
Sie verkaufen oder vermieten kurzfristig? Dann ist erst einmal wichtig, einen Ausweis (egal welcher zulässig ist) rechtssicher vorzulegen. Wenn Wahlfreiheit besteht, ist der Verbrauchsausweis oft günstiger und schneller.
Sie planen Sanierungen / energetische Maßnahmen? Der Bedarfsausweis ist hier wertvoller, weil er die Effekte von Bauteilmaßnahmen (Dämmung, Fenster, Anlagentausch) rechnerisch darstellt.
Altes Haus (Bauantrag vor 1.11.1977, ≤4 WE): Prüfen — häufig ist ein Bedarfsausweis Pflicht (Ausnahme, wenn es bereits energetisch aufgewertet wurde).
Mehrfamilienhäuser (≥5 WE): Oft ist der Verbrauchsausweis möglich; dennoch ist eine fachliche Prüfung sinnvoll, ob Bedarfsausweis aus Beratungs- oder Nachweisgründen die bessere Wahl ist.
Schlusswort

Ob Verbrauchs- oder Bedarfsausweis — beide Dokumente sind wichtige Informations- und
Nachweisinstrumente. Für Eigentümer, die sanieren oder fundierte Modernisierungsentscheidungen treffen wollen, ist der Bedarfsausweis häufig die bessere Grundlage. Wer kurzfristig verkaufen oder vermieten will und Verbrauchsdaten vollständig vorliegen hat, kann mit einem Verbrauchsausweis schnell und kostengünstig handeln.
Wir erstellen gerne für Sie ihren passenden Energieausweis.


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